10.07.2021

 

Verschiedene Orte fuer verschiedene menschen
 

Bevor irgendwelche Zweifel aufkommen, ich bin alles, nur kein Experte für Paraguay. Ich bin jetzt grade fünf Tage hier und was ich von mir gebe sind Impressionen, Gedankenschnipsel und Eindrücke, allerdings auf der Basis von doch einigen Jahren Reiseerfahrung in den Ländern Südamerikas. Auf der Basis eines Aussteigers aus dem System, denn ich habe mich ja schon doch in Österreich ziemlich weit aus dem normalen Rattenrennen entfernen können, was vielen in dieser Art noch nicht so möglich ist.

Und das ist eine Beobachtung die ich hier gemacht habe und die mir schon von zwei, drei Leuten bestätigt wurde. In Paraguay muss man Macher sein, muss man anpacken, muss man tun, dann kann man erfolgreich sein, dann kann man gut leben, dann kann man sich hier seine Freiheit gestalten.

Aber wer nach Paraguay kommt aus Hartz4, aus Kindergeld, aus Kurzarbeitergeld und auch nur im Ansatz ähnliches erwartet, der ist hier völlig fehl am Platz. Hier werden Macher gesucht, das Land ist im Aufbruch, es ist jung, es hat viels zu bieten für junge Menschen die etwas gestalten wollen und die sich auch nicht zu schade sind sich ihre Finger schmutzig zu machen.

Ich habe eine Frau gesprochen, die Selbstversorgerin werden will und ich habe mir nur ihre Fingernägel angeschaut und dachte, ohoh, da weist du aber noch nicht, was auf dich zukommt.

Momentan bin ich bei Silke, die ich aus Linz kenne, auf ihrer kleinen Farm, vier Hektar die wunderschön angelegt und bearbeitet sind. Sie hat Gemüsebeete und Obstpflanzen, Photovoltaik und ihren eigenen Brunnen. Sie hat sich das alles aufgebaut in den letzten vier Jahren. Nein, die Zitronen kommen hier einem nicht in den Mund geflogen, es war harte Arbeit, wenn ich mir das so anschaue. Hier gibt es zwar auch Arbeiter die mithelfen, ein Arbeiter kostet ungefähr 80.000 Guaranies, das sind zehn Euro am Tag, und das nutzt sie auch. Aber es ist sehr, sehr viel Arbeit die geleistet werden muss, bevor man zu so einem kleinen Selbstversorger-Paradies, und das ist dann nur erreichbar über ein paar km Piste bis man zur nächsten asphaltierten Strasse kommt. So hat alles seine Vor- und Nachteile.

Stichwort Korruption. Ich habe bis jetzt noch nie soviel von Korruption gehört, wie in diesen paar Tagen die ich in Paraguay bin. Ob Polizei, Behörden, bis hin zu obersten Politikern wie bei uns natürlich auch, alles ist bestechlich. Man kann sich auch alles kaufen, ob einen PCR Test, einen Führerschein, selbst eine Cetula, also eine dauerLebensbewilligung soll käuflich sein. Korruption scheint hier ein ganz großes Thema zu sein, man muss allerdings auch wissen, ein Polizist auf dem Land verdient nicht einmal den Mindestlohn, er ist dringend gezwungen sich einen Zuverdienst zu verschaffen. Hier ohne Licht, nicht angeschnallt oder ohne die entsprechenden Warndreiecke etc. auf der Strasse zu fahren, kann eben sehr teuer werden. Aber kann man es den Menschen verdenken? Denn der Mindestlohn beträgt ca. zehn Euro am Tag und man kann sehr billig leben, aber die Preise hier sind nicht so niedrig, dass man davon auch nur im Ansatz gut leben kann, wenn man eine Familie zu ernähren hat. Wen wundert es, wenn Menschen korrumpieren in diesen Institutionen? Daher, wer im Glashaus sitzt werfe den ersten Stein.

Ich kann mir diese spöttische Bemerkung leider nicht verkneifen. Im Moment geht es über alle Kanäle, dass man in Europa plant, das Internet abzustellen. Hier in Paraguay freue ich mich immer wieder, wenn ich Internet habe, ob es das WLAN im Hotel ist, dass immer wider ausfällt, oder hier mein Telefon Provider nicht so funktioniert wie er sollte, es gibt immer wieder Ausfälle und es ist auch nicht besonders schnell. Ja, in Europa warnt man vor einem Netzausfall, hier hat man ihn ständig, das ist dann die Verbesserung? OK, das ist ein bißchen bösartig.

Auch wenn ich hier die negativen Dinge statt die positiven etwas hervor zu heben scheine, da man überall das positive liest, man immer nur die guten Seiten in den Vordergrund stellt, habe ich das Bedürfnis dem etwas entgegen zu setzen, das heisst nicht, dass ich mich hier und mit den Menschen nicht sauwohl fühle. Ich bin hier gut angenommen, ich könnte hier ein paar Tage bleiben, ich werde mitgeschleppt, man nimmt Rücksicht auf meine Gebrechlichkeiten, Scheiße, aber sie sind nun mal da. Ich habe nicht das Gefühl, dass das für die Menschen hier ein Problem ist, sowohl für die Deutschen, als auch für die Paraguayer. Man kümmert sich, ist liebenswürdig und hilfsbereit, also kein schlechtes Wort über die allgemeine Stimmung. Wenn ich flüchten müsste, wüsste ich genau, dass ich hierher kommen könnte, weil ich mich hier integrieren kann und ich spreche auch spanisch. Insofern, ich bin allein, habe keine Kinder. Ich weiß auch was Selbstversorgung bedeutet und kann das schon. Was ich alles nicht weiß kann ich hier dazu lernen, aber ich weiß auch was ich noch lernen muss. Ich möchte einfach nur nicht, dass man bei aller Euphorie übersieht und allen Bedürfnissen nach Flucht ins Ausland, dass es auch die Schattenseiten gibt und diese hebe ich gerade hervor, denn ich finde, man darf sie nicht ignorieren, sonst kommt man vom Regen in die Traufe, das kann nicht Ziel der Übung sein.

Was unbedingt auch einmal erwähnt gehört, dass ihr diese Berichte lesen könnt, habt ihr der lieben Monika zu verdanken. Ich wäre nicht in der Lage das alles in mein Handy zu tippen. Ich spreche meine Gedanken ins Telefon und sie transkribiert die Sachen, so dass ich sie einfach in meinen Blog rein kopieren kann. Es ist ein ungeheurer Luxus, aber anders hätte ich keine Chance für Berichte für die Menschen, die sich für Paraguay interessieren. Ich wurde von so vielen gefragt wie es mir hier gefällt, dass mich umschauen soll, weil auch sie gehen wollen, dass ich gedacht habe, es ist sinnvoller einen Blog zu machen. Aber vom Handy kann man keinen Blog schreiben, darum bedankt euch bei Monika, dass sie hilft das alles zeitnah in den Blog zu bringen. Ich bin ihr auf jeden Fall ungeheuer dankbar.

Nachmittags sind wir dann doch nach Itati gefahren, in diese Co Housing Siedlung, so würde ich sie nennen, die dort entsteht. Eine Siedlung, wo man Gemeinschaftsleben leben soll. Ich habe gemerkt, für mich ist das kein Ansatz. Siedlungsleben mit lauter Deutschen? Nicht mein Zugang. Ich denke aber für viele die her kommen und kein spanisch sprechen, eine Möglichkeit hier halbwegs gut unter zu kommen. Der Platz ist wunderschön, erinnert mich ein bißchen an die bosnischen Pyramiden- Also, es ist faszinierend was man da sehen konnte. Aber unter lauter Deutschen/Österreichern/Schweizern zu leben wäre nun nicht die Perspektive eines Lebens in Paraguay wie ich es mir vorstelle. Menschen die kein spanisch sprechen, die den Bezug zu einer Gruppe brauchen, ist das sicher ein idealer Einstieg.

 
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