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05.08.2014
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Mein Weg zum Frieden
Ich glaube, dass Frieden möglich sein wird, wenn wir einen Weg finden, den Hass zu beenden. Und ich glaube, das ist dann möglich, wenn die Menschen angstfrei leben können. ALLE Menschen. In allen Ländern.
Wie ich dazu komme das zu schreiben? Das hat etwas mit Erfahrungen aus meinem Leben zu tun, von denen ich so kurz wie möglich berichten möchte. Aber um den Weg zu verstehen, muss ich vorher zuerst erklären, warum ich "Hass" empfunden habe. Sorry, dass es derzeit soviel ist, aber die Ereignisse in Gaza ... "zwingen" mich zum handeln. |
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Ich wuchs frei von religiöser Erziehung in Deutschland auf. Dass wir "anders" waren, wusste ich schon als kleines Kind. Meine Familie verhielt sich in vielerlei Hinsicht völlig anders als alle anderen um mich herum.
Mit ca 12 erfuhr ich dann endlich von meiner Mutter auch warum.
Ich erfuhr, dass die Familie das Konzentrationslager Bergen-Belsen überlebt hatte. Ich erfuhr, dass wir "irgendwie" Juden waren - auch wenn das nichts mit Religion zu tun hatte. Ich erfuhr, dass Deutsche im Alter meiner Mutter und Großeltern potentielle Kriegsverbrecher waren. Ich erfuhr, dass man immer wachsam sein muss, wenn die Nazis wieder stark würden. Ich erfuhr, dass es ein Land auf der Welt gibt, wo ich mit meinen jüdischen Wurzeln immer hingehen dürfe. Ich erfuhr, dass dieses Land von den Arabern ständig bedroht wird. Ich erfuhr, dass man in Deutschland eigentlich nie sicher sein kann.
Als ich 12 Jahre alt war, begann ich all diese Informationen zu verarbeiten. Soweit es eben ging. Ab diesem Zeitpunkt war mein Leben geprägt von Angst. Denn all das, was ich erfahren hatte, basierend auf der KZ-Vergangenheit der Familie, war angstbasiert.
Ich beschäftigte mich mit der zionistischen Jugend, der zionistischen Bewegung, mit der Entstehung von Israel, mit Nazis, der Zeit zwischen 33-45 und allen Themen aus diesem Umfeld.
Ich war sehr froh, den "Notausgang" Israel zu haben, denn in Deutschland wurden die Reps und andere Nazi-Gruppen immer stärker. Gleichzeitig wurden die Palästinenser von der Linken bereits immer stärker bejubelt. Arafat war für viele ein Held - für mich eine Bedrohung, denn die PLO bedrohte meinen "Notausgang".
1980 war ich dann in Israel u.a. auch im Norden - und durfte meine ersten eigenen Erfahrungen mit den Palästinensern machen. Beschuss mit Raketen aus dem Libanon. Garnicht lustig, muss ich zugeben. Ich hatte echt Panik. Mein Verständnis für den Libanon-Einmarsch war später daher ziemlich hoch. Entsprechend meiner Angst, die ja ganz reale Ursachen hatte.
Ich will jetzt nicht sagen, dass ich die Palästinenser oer Araber "hasste", aber ... es war sicher nicht weit davon entfernt. Und die Ursache war Angst. Angst, die mir von Jugend an eingeimpft worden war. Übertragen von meiner Familie aufgrund ihrer konkreten Erfahrungen in Nazi-Deutschland.
Diese Angst zu überwinden, war nicht einfach. Es war ein langer Prozess, der sich nicht so einfach in einem Text pressen lässt. Nur einen Schritt, den ich immer wieder gehe, möchte ich weitergeben.
Ich tue immer wieder die Dinge, vor denen ich Angst habe. Z.b. vor Feuer - da half ein Feuerlauf, z.b. vor Hängebrücken - da half eine unvermeidbare Übersteigung. Das war hinterher alles einfach.
Es war auch hinterher einfach, mich auf der Friedensmahnwache als Mensch mit jüdischen Wurzeln zu outen und auch ein paar kritische Worte gegen den selbst erlebten Raketen-Beschuss aus Libanon zu äußern, obwohl mir bewusst war, dass sich einige junge Menschen mit muslimischen Wurzeln in der Gruppe befanden. Deren konstruktive, verständige Reaktion hat mir hier die letzten Ängste genommen.
Heute habe ich vor fast nichts und niemandem mehr Angst. Das hat meinen Blick geöffnet und mir neue Perspektiven ermöglicht. Auf "DIE" Araber. Auf "DIE" Israelis. Auf "DIE" Menschen im allgemeinen. Ich hasse niemanden mehr. Ich versuche zu verstehen, auch wenn ich es nicht gutheisse
Aufgrund meiner Familiengeschichte bin ich einfach verpflichtet, mich heute für die Menschen in Gaza zu engagieren. Hinzuschauen und öffentlich zu kritisieren, was passiert. MICH kann niemand als Antisemitin deklassieren. Ich bin zwar kein Mitglied irgendeiner jüdischen Gemeinde, besitze aber einen astreinen Nicht-Arier-Nachweis mit Abrahams und Levys im Stammbaum. "Besser" geht es ja kaum, oder?
Die Menschen in Israel leben in Angst. Die Menschen in Gaza und im West-Jordanland leben in Angst. Deren Angst ist - aufgrund der Kriegssituation - absolut berechtigt. Hier ist Veränderung kurzfristig schwer denkbar.
Aber hier bei uns - in Österreich und Deutschland - MUSS kein Muslim, kein Jude, kein Christ, kein "was-auch-immer" Angst haben.
Wer Angst hat, sollte sich fragen, warum - und etwas gegen die eigene Angst tun. Nur dann verschwindet vielleicht der Hass. Nein, nicht vielleicht. Dann verschwindet der Hass. Das ist das was jede(r) tun kann. Das ist der eigene Schritt auf dem Weg zum Frieden, den jeder gehen kann.
In diesem Sinne wünsche ich allen Menschen Angstfreiheit und den Mut zu handeln Z.B. ihr Leben zu hinterfragen Z.B. Projekte für Gaza zu unterstützen. Z.B. auf die Friedensmahnwachen zu gehen Z.B. ...
Es gibt viel zu tun. Steh einfach auf und mach mit! |
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