20.08.2016

 

Tag 13 und 14
Couchsurfing in Weissrussland – Fahrt nach Polen
 

Vorab möchte ich Winfried Jonack sagen: Die wenigen Menschen, denen ich in Minsk begegnet bin, sind vermutlich so, wie du sie in deiner Erinnerung hast. Manches Gute wird bewahrt! Liebe Grüße.

 

Ich bilde mir ja ein, ein halbwegs großzügiger Gastgeber beim Couchsurfen zu sein und habe selbst schon sehr viel an herzlicher Gastfreundschaft von Wildfremden erfahren. Doch was ich bei den Eltern von Larissas „Adoptivsohn“ erleben durfte, machte mich mal wieder sprachlos. Aber von Anfang an.

 

Die Abfahrt von Smolensk verlief – nachdem wir uns darauf geeinigt hatten, uns nur an EIN Navi zu halten – problemlos. Wir kamen pünktlich um 07:30 Uhr los und trafen C1 am vereinbarten Treffpunkt gegen kurz nach 08:00 Uhr. Wenig später erschienen auch C2 und C6 – also der Trupp, der an diesem Tag gemeinsam fahren wollte. Thomas und sein Kumpel von C2 entschieden sich zwar, doch Katyn anzusteuern, wir anderen wollten jedoch direkt zur Grenze durch. In Anbetracht der angekündigten Wartezeiten bei der Transponder-Aufnahme in Weissrussland hatten wir das Ziel möglichst früh da zu sein. Was wir auch waren. Eine Grenze zwischen Russland und Weissrussland gibt es faktisch nicht, also fuhren wir fast direkt zur Bel-Tol-Station, um das Nötige für die Maut zu erledigen. Die WoMos waren mal wieder – wie schon so oft – vor uns da. Und freuten sich wie wir über die gefühlt 20 Unterschriften, die pro Fahrzeug zu leisten waren, bevor man 45 Euronen später das Maut-Mess-Gerät ausgehändigt bekam. 10 Minuten pro PKW ist sicher ein adäquater Wert, bei den WoMos dauerte es etwas länger. Ebenfalls gefühlte 2 Stunden später waren unsere inzwischen rund 8 Fahrzeuge abgefertigt und wir konnten weiter Richtung Minsk fahren.

 

Die Autobahn in Weissrussland ist in einem hervorragenden Zustand, wir kamen entsprechend gut voran und fuhren gegen 14:30 Uhr in Minsk ein. Jetzt begann allerdings erstmal wieder eine Phase der Unsicherheit, da die Navis mangels Internet-Zugang nicht so richtig ihren Dienst leisten wollten. Larissa konnte ihren Kontakt auch nicht anrufen, weil das Roaming nicht wirklich funktionierte, aber irgendwann kam dann von Maxim (ihrem quasi Adoptiv-Sohn) ein Anruf und er sagte, dass er uns von der Tankstelle, an der wir geparkt hatten, abholen werde. Was er auch tat.

 

Einige Diskussionen später folgten wir ihm Richtung „Haupthotel“ – wobei er einen völlig anderen Weg rund um die ganze Stadt fuhr – laut Navi, das wir inzwischen aktualisieren konnten, ein Riesenumweg. Eine Tatsache, die auch nicht gerade zur Begeisterung bei uns führte. Der Weg erlaubte uns jedoch, einen Blick auf 3 Kühltürme zu werfen. Vermutlich ein AKW, das nur wenige Kilometer von Minsk entfernt steht. Das fand ich nun garnicht so lustig. Wenn da was passiert, sind gleich 2 Millionen Menschen betroffen. Kopfschüttel.

 

Trotz Umweg kamen wir dann aber doch noch im Hotel an. Gottseidank fuhr Philipp, denn Maxim zu folgen – bei dem ziemlich heftigen Verkehr – hätte mich gewaltig in Panik versetzt. Dass es beim Einparken vor dem Hotel zu einem Beinahe-Blechschaden kam, tat den angespannten Nerven aller nicht so gut. Claus zog es daher vor, sich abzusetzen um sich irgendwo ein Hostel für sich allein zu suchen und will morgen mit C1 zum Treffpunkt kommen.

 

Philipp und ich fuhren mit Larissa und Maxim erst mal in die Stadt – ins Lido etwas essen. Wenn ich gewusst hätte, was mich am Abend erwartet, hätte ich sehr viel weniger zu mir genommen, aber es tat richtig gut, wieder etwas Warmes und Leckeres zu essen. Anschließend ging es dann zum Stadtbummel, der uns auch zum Platz des ewigen Feuers führte, wo in der Zwischenzeit die Kranzniederlegung stattgefunden hatte. Wir erfuhren, dass nur sehr wenige dabei gewesen waren. Die meisten waren wohl noch auf der Strecke. Hätten wir das gewusst, wären wir mitgegangen, aber das ließ sich ja nicht absehen.

 

Minsk selbst ist keine besonders schöne Stadt, was dem Umstand zu verdanken ist, dass sie im Krieg komplett niedergebombt worden, kein Stein mehr auf dem anderen stehen geblieben war. Die bröckelnden „Prachtbauten“ der Sowjet-Zeit mischen sich mit „Prachtbauten“ der heutigen Moderne, die ich aber auch nicht wirklich schön finde. Dazwischen breite Straßen und enorm viel Verkehr. Es gibt zwar wohl auch wunderschöne Parks und Sportstätten, aber diese näher zu durchlaufen, dafür reichte die Zeit nicht.

 

Maxim brachte uns zum Auto zurück und dann folgten wir ihm zu seinen Eltern. Ursprünglich war wohl geplant, dass wir bei ihm übernachten würden. Da aber sowohl seine Frau als auch sein Kind erkrankt waren, musste er uns leider bei seinen Eltern unterbringen. Leider? Das kann ich in der Form jetzt nicht bestätigen, denn der Luxus einer eigenen Wohnung nur für Philipp und mich ... war nur eine der Überraschungen, die uns erwarteten. Auch wenn es mir für seine Frau und seine Tochter natürlich leid tut!

 

Rund drei Stunden, nachdem wir im Lido zu Mittag gegessen hatten, bog sich der Tisch vor Köstlichkeiten, die Maxims Mutter zu unserem Empfang zubereitet hatte. Sowas von lecker – ich musste natürlich alles kosten. Angefangen mit selbstgemachten Kirsch-Limes über tolle Salate (mit viel roter Beete, aber auch mit Fisch), gutes Brot, Tomaten und Gurken, sowas Ähnliches wie gefüllte Kartoffelpuffer, selbstgebackener Apfelkuchen – und der Tisch wurde nicht leer. Immer wenn etwas weniger wurde, füllte Maxims Mutter nach ... unglaublich. Dazu der leckere Kwas und mein laut geäußerter Gedanke, dass ich mir morgen vor der Grenze nach Polen noch zwei Flaschen kaufen würde, führte dazu, dass seine Mutter eben mal noch schnell einkaufen ging. Geld annehmen wollte sie natürlich keines. Wir sollen damit tanken.

 

Dank Larissas tapferer Übersetzung führten wir interessante Diskussionen zu aktuellen politischen Themen. Ich kann die Situation in Weißrussland nicht wirklich einschätzen, aber mein Gefühl (mehr ist es leider nicht) sagt mir, eine Diktatur schaut anders aus. Der jetzige Präsident, der vom Westen in Grund und Boden geschrieben wird, hat wohl auch viele Gegner. Aber er wird immer wieder vom Volk gewählt. Und die Menschen auf der Straße machen auf mich keinen besonders misstrauischen oder unsicheren Eindruck, wie man es in einer Diktatur erwarten würde. Im Gegenteil. Es war eine sehr entspannte Atmosphäre und während des ganzen Stadtbummels und auch auf der Fahrt durch die Stadt habe ich nicht einen einzigen Polizisten gesehen. Verglichen damit ist Deutschland ein Polizeistaat ... Aber gut. Ist nur meine – völlig subjektive – Sicht, die keinerlei sachliche Begründung hat.

 

Irgendwann zog ich mich dann ins Bett zurück – wo ich jetzt sitze und diesen Bericht hier schreibe. Aber bevor ich ins Bett ging, erhielt ich von Maxims Vater noch eine Präsenttüte überreicht: Kekse, Schokolade, Wodka und der Magnet für die Kühlschranktür, der offensichtlich in Weißrussland auch nicht fehlen darf.

 

Wie eingangs gesagt, ich war sprachlos – ein Zustand, der bei mir ja eher selten ist. Danke!!!

 

Ach ja, dieser verzögerte Bericht von Tag 13 ist dem mangelnden Internetzugang geschuldet ... hochladen ging nicht.

 


Die Transponder-Aufnahme
   

Unterschiedliche Fahrzeuge

 


Die „WoMos“ sind wieder vor uns da
   

Im Markt von Minsk

 


Das einzig Wahre – auch in Minsk
   

Menschen auf der Straße

 


Impressionen
     

Menschen auf der Straße
     

Menschen auf der Straße

 


Menschen auf der Straße
   

Menschen auf der Straße

 


Menschen auf der Straße
   

Das ewige Feuer

 


Straßenunterführung – picobello sauber
   

Kleine Gruppe bei der Kranzniederlegung

 


Das war nur der Anfang ...
   

In gemütlicher Runde

 

Tag 14 war ein ganz besonderer Tag. Die Fahrt von Minsk nach Warschau verlief OHNE Probleme an den Grenzen.

 

Auch wenn die Bel-Toll-Station zur Abgabe der Transponder etwas mühsam zu finden war, wir Friedensfahrer wurden bevorzugt abgefertigt – und ich musste nicht eine einzige Unterschrift leisten. So warteten wir nur rund 30 Minuten bis unsere 4 Autos durch waren.

 

Sowohl bei den Weißrussen als auch bei den Polen wurden wir dann bevorzugt durchgewinkt, was in den Reihen der Wartenden neidische bis aggressive Blicke nach sich zog. Was ich bei stundenlanger Wartezeit und knapp 30 Grad gut nachvollziehen kann. Aber irgendwie passt es schon, wenn die Friedensfahrer die Ambassador Lane verwenden dürfen. Wir haben uns ja – wenn auch nicht professionell – als Botschafter des Friedens versucht. Da darf es dann einmal eine beschleunigte Abwicklung sein. Statt 5 bis 6 Stunden haben wir also nur knapp 1,5 Stunden an der Grenze zur EU verbracht. DAS Highlight des Tages.

 

Die weitere Fahrt nach Warschau verlief unspektakulär. Der C-Trupp blieb so lange wie möglich zusammen – es hat richtig Spaß gemacht, mit Profis zu fahren. Morgen auf der letzten Etappe werden es wohl maximal noch die Hälfte der Fahrzeuge sein, viele fahren direkt nach Hause, da sie Montag wieder arbeiten müssen. Aber egal – Hauptsache, eine größere Gruppe kommt gemeinsam in Berlin an. Dann kann man den Medien zumindest sagen: Na, wollt ihr uns wieder ignorieren? Nach der positiven Resonanz bei den russischen Medien ist das laute Schweigen in Deutschland schon traurig. Aber ... es ist wie es ist. Und für mich hat es sich gelohnt. Abschlussbericht und Resümee kommen nächste Woche. Jetzt ist erstmal Feierabend!

 
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