26.02.2021

Von Andrea Drescher

Wenn Linke zu Rechten und Juden zu Antisemiten werden —Die Macht der antideutschen “Transatlantifa”

 

Mein Artikel aus dem Buch von Ullrich Mies: „MEGA MANIPULATION“ Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie.

 

Immer häufiger werden Juden, Marxisten und Antifaschisten von selbsternannten „Antifaschisten“ angegriffen, Juden sollen angeblich rechte Antisemiten sein. Bei derartiger Verwirrung, ist es kaum mehr möglich, gut und böse auseinanderzuhalten. Antifa ist nicht gleich Antifa. Links ist nicht gleich Links. Wer nicht genau hinschaut, mit wem er es zu tun hat, findet sich leicht in falscher Gesellschaft wieder. Die ideologische Konditionierung trägt durch die Manipulation von Begriffen sehr erfolgreich dazu bei.

Zunächst müssen folgende Fragen geklärt werden: Wer oder was sind Antideutsche? Was bedeutet Transatlantifa? Sie nennen sich meist Antifaschisten — aber sind sie es wirklich? Sind sie nicht eher die, vor denen uns vermutlich der politisch engagierte, italienische Schriftsteller Ignacio Silone (1900 – 1978) gewarnt hat?:

„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus‘. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus‘“. (1)


Über Antideutsche wurden schon unzählige Artikel verfasst, u.a. die herausragende Analyse von Jens Mertens „Die LINKE — Von innen umzingelt“, in der er bereits 2010 (2) umfassend auf die Verstrickungen der Partei der Linken mit den Antideutschen einging. Er beschreibt die „Antideutschen“ als eine nach der Wiedervereinigung aus der radikalen Linken hervorgegangene Strömung, die angesichts einer Welle fremdenfeindlicher Gewalt und eines erstarkten Nationalismus eine Art „Viertes Reich“ befürchtete. Antisemitismus gehöre zum Wesen der „Deutschen“ und sei daher als Hauptwiderspruch zu begreifen. Als Gegenentwurf zum befürchteten „Vierten Reich“ beziehe sich diese Linke auf die „antideutsche“ Koalition der Alliierten im Zweiten Weltkrieg und auf den Staat Israel als Konsequenz aus dem Holocaust. Dies führe zu ungewohnten Bildern: „Linksradikale“ liefen nun auf einmal mit USA-Fahnen auf Demonstrationen herum und forderten „unbedingte Solidarität“ mit Israel. (3)

Neutraler, aber vergleichbar definiert es die — sicher nicht als antisemitische Quelle verdächtige — Wikipedia:

„Antideutsche sind eine aus verschiedenen Teilen der radikalen Linken hervorgegangene politische Strömung in Deutschland. Sie wenden sich gegen einen spezifisch deutschen Nationalismus, der insbesondere im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erstarkt sei. Weitere antideutsche Positionen sind Solidarität mit Israel sowie Gegnerschaft zu Antizionismus, Antiamerikanismus, Islamismus, bestimmten („regressiven“) Formen des Antikapitalismus und Antiimperialismus. Diese führten und führen zu Kontroversen innerhalb der linken Szene.“ (4)

Wenn die „Antifa“ Kritik an der Politik der USA bereits als Antiamerikanismus brandmarkt und mit US-Fahnen in der Öffentlichkeit auftritt, darf man sich über die Spottbezeichnung „Transatlantifa“ nicht wundern. Diese „Transatlantifa“ versteht nicht, dass die schärfsten Kritiker, z.B. der US-amerikanischen Außenpolitik, aus den USA selbst kommen. Sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Antisemitismus zu engagieren, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Wenn ein derartiges Engagement jedoch dazu führt, alles, was nicht dem verengten antideutschen Blickwinkel entspricht, mit diesen Begriffen zu diffamieren, wird es gefährlich, denn das nimmt in Deutschland inzwischen immer absurdere Züge an. Wer deren Narrative nicht akzeptiert, läuft Gefahr, von diesen Organisationen terrorisiert zu werden, bisweilen aber auch mit staatlichen Strukturen in Konflikt zu geraten.

Jeder kann — und muss — sich gegen diese Strukturen wehren, der an „altmodischen“ Werten wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit festhalten will. Jens Wernicke, Sabiene Jahn, Moshe Zuckermann und andere sind nur exemplarische Beispiele für Menschen, die hier ihre sehr eigenen Erfahrungen machen mussten. Menschen, denen man weder rassistisches, noch antisemitisches Denken und Verhalten nachsagen kann. Das gilt aber nicht für antideutsche Denunzianten. Antideutsche haben da keinerlei Hemmungen und erinnern in mancher Region bereits an eine moderne SA-Vorhut, da sie auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, um unerwünschte Meinungen zu unterdrücken.

Vom Rosa Luxemburg-Stipendiaten zum „rechten Querfrontler“

Das Bündnis gegen Antisemitismus in Kassel (BgA-Kassel) kann man dem antideutschen Spektrum gemäß der Wikipedia-Definition zuordnen. Mit diesem Bündnis machte der Rubikon-Herausgeber Jens Wernicke unliebsame Erfahrungen. Das BgA-Kassel ist anlässlich einer Anti-Israeldemonstration in Kassel im Januar 2009 entstanden und tritt im Netz mit dem Slogan auf: „There is no Anti-Zionism without Anti-Semitism.“

Die Anhänger der BgA-Kassel sind davon überzeugt, dass die sogenannte Israelkritik eine wichtige Platzhalterfunktion des Antisemitismus (nicht nur) in Deutschland eingenommen hat. Sie halten es in dieser Hinsicht mit dem deutschen Publizisten und Soziologen Detlev Claussen:

„Wer von Israel spricht, thematisiert, ob er will oder nicht, die Massenvernichtung der europäischen Juden. Das Wort ‘Antizionismus’ sollte diesen Zusammenhang suspendieren. … Die Flucht in den Antizionismus nach 1968 kann man als ein Symptom für den selbstverschuldeten intellektuellen und moralischen Verfall der europäischen Linken nehmen.” (5)


Sucht man nach Jens Wernicke, findet man online u.a auf wikimannia folgende Beschreibung:

„Jens Wernicke absolvierte von 2001 bis 2008 ein Diplomstudium Kulturwissenschaften, Schwerpunkt Medien, in Weimar. Er war Mitglied im SprecherInnenrat der StipendiatInnen der Rosa-Luxemburg-Stiftung und zuletzt im Vorstand des Freien Zusammenschlusses von StudentInnenschaften (fzs) e.V. sowie als Sprecher des Landesausschusses der Studentinnen und Studenten (LASS) in der GEW Thüringen aktiv. Nach seinem Studienabschluss Mitte 2008 arbeitete er als Wahlkreis-Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten und als Referent für Bildungs- und Hochschulpolitik für die Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag. Anschließend war er als bildungspolitischer Referent beim Landesverband Hessen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) tätig.“ (6)

Der Herausgeber des Rubikon hat also den ganz typischen Lebenslauf „eines Rechten bzw. Antisemiten“ — zumindest muss das wohl der Fall sein, da er ins Fadenkreuz des Bündnis gegen Antisemitismus Kassel geriet. Dieses Bündnis publizierte im August 2016 einen diffamierenden Artikel gegen ihn mit dem Titel: „Wernicke und die Connection eines Bildungsreferenten. Die GEW und die Abgründe ihrer Bildungsarbeit.“ Folgt man deren Argumentation, macht die GEW bereits dadurch israelfeindliche Bildungsarbeit, dass sie Bildungsreisen nach Palästina anbietet. Der zitierte Artikel, der inzwischen aus dem Netz genommen werden musste, enthielt neben mehreren falschen Äußerungen auch noch eine nicht genehmigte Bildveröffentlichung und war offensichtlich darauf angelegt, den engagierten Linken ins „rechte“ Licht zu rücken.

Im Kontext von abwertenden und negativ konnotierten Begriffen wie Querfront-Milieu, Rechtspopulismus, Wahnwichtel sind Falschbehauptungen besonders ehrenrührig — von der aktiven Verbreitung von Unwahrheiten ganz zu schweigen wie „Möglicherweise ist er vor Kurzem (bei der GEW) gefeuert worden …“ Nebenbei wurde für den Artikel ein Bild von Jens Wernicke verwendet, das für diesen Zweck nicht freigegeben war.

Wernicke ging juristisch gegen den strittigen Artikel vor. Als eine Abmahnung durch seinen Anwalt keine Wirkung zeigte, zog er vor Gericht und gewann. Das Urteil wurde durch die Pressekammer des Landesgerichtes Anfang Dezember 2017 gesprochen und enthielt u.a. folgende Begründung:

„Für eine von einer Äußerung betroffenen Person, die sich selbst dem linken politischen Spektrum zuordnet, stellt es eine ehrverletzende Behauptung dar, ein von ihr geführtes Interview sei erstmals in einem rechtspopulistischen Forum veröffentlicht worden.“ (7)

Die Vorgehensweise des BgA war wohl auch kein einmaliger Ausrutscher. Wie man im Blog des BgA auch heute noch nachlesen kann 8, sind Angriffe auf Akteure der Friedensbewegung und -forschung nichts Ungewöhnliches. Zumindest lassen Formulierungen wie „sich Wernicke nicht als Referenten einer Bildungsgewerkschaft zu wünschen, hat mit seiner ‚journalistischen Tätigkeit‘ und seiner Beziehung zu KenFM, Ken Jebsen, Rainer Mausfeld und anderen Merkwürden zu tun“ kaum einen anderen Schluß zu. Ob Dr. Daniele Ganser, Werner Ruf, Jürgen Todenhöfer, Karin Leukefeld, Nirit Sommerfeld oder Ken Jebsen, um nur einige zu nennen, beim BgA gerät jeder und jede unter Generalverdacht des Antisemitismus, der oder die das pro-israelische Narrativ des Bündnisses nicht teilt oder die rassistische Apartheid-Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern ablehnt. Zudem beruft man sich ebenfalls auf die juristisch nicht fassbare anonyme Denunziationsplattform „PSIRAM“. 2018 konnte sich auch der Friedensforscher Prof. Dr. Werner Ruf erfolgreich gegen Diffamierungen durch das BgA vor Gericht behaupten.

Urteile, die hoffen lassen. Denn sie machen deutlich: Man kann sich gegen Hetze und Denunziation wehren — oder wie Christiane Borowy im Rubikon titelte: Widerstand wirkt. (7)

Von der Antifaschistin zur „antisemitischen Verschwörungstheoretikerin“

Die von Sabiene Jahn ins Leben gerufene Veranstaltungsreihe „Koblenz: Im Dialog“ widmet sich seit dem 5. März 2018 aktuellen Themen wie Ökologie, Finanzpolitik, Demokratie, gesellschaftliche Struktur, Frieden oder Internationale Zusammenarbeit und hat sich zum monatlichen Treffpunkt und Austausch für Koblenzer Bürger etabliert. Aber auch Besucher aus Köln, Mainz und sogar aus der Schweiz reisten bereits nach Koblenz, um Journalisten, Politikwissenschaftler oder Historiker zu den Sachthemen zu hören. Die Vorträge und Dokumentarfilm-Angebote sind mit dem Grundgesetz vereinbar und tragen zur politischen Bildung bei. (9) Das bescheinigte u.a. das Bundesarchiv Koblenz dem Vortrag von Hermann Ploppa, der als erster Sprecher der Reihe nur geschützt von fünf Security-Mitarbeitern auftreten konnte, sodass der Veranstalterin die Saalmiete erlassen wurde.

Seit dieser ersten Veranstaltung läuft eine hemmungslose Diffamierungskampagne gegen Sabiene Jahn, die trotz juristischer Gegenwehr bis heute fortgesetzt wird. Hinter der Rufmordkampagne stehen Organisationen, die überraschen. Hierzu sagte Sabiene Jahn den Nachdenkseiten:

„Namentlich haben sich die ‚Antifa Koblenz‘ und eine ‚Antideutsche Aktion Koblenz‘ hervorgetan. Die sind auf Personalebene auch verwoben mit ‚Die Partei‘. So ist Sebastian Beuth sowohl bestimmend bei ‚Die Partei‘ als auch bei ‚Aufstehen gegen Rassismus Koblenz‘ (AGR). Diese AGR wiederum verbreitet schlimme und unhaltbare Verleumdungen gegen ‚Koblenz: Im Dialog‘ und meine Person … Es gibt aber auch bei Grünen und LINKEN Personen, die an der Kampagne gegen ‚Koblenz: Im Dialog‘ mitmachen.“ (10)

Dass Aufklärung über das neoliberale Finanzsystem, historische Zusammenhänge oder die NATO von diesen Gruppen nicht gewünscht wird, ist für Sabiene Jahn unverständlich. Die Kommunikationswirtin und Künstlerin ist überzeugte Antifaschistin. Ihre Großmutter aus Sachsen-Anhalt war im Widerstand, sie selbst ist in der DDR als Antifaschistin aufgewachsen. Ihre Person und der Bürgerdialog wurden seit Beginn als „rassistisch, antisemitisch, homophob oder AfD-nah“ eingeordnet — für die parteilose Humanistin, die sich als gemäßigte Linke einordnet, eine ehrenrührige Beleidigung.

Neben Demonstrationen gegen Veranstaltungen, die immer nur unter Polizeischutz durchgeführt werden können, gab und gibt es immer wieder Hetze per E-Mail sowie auf mindestens sechs anonymen Facebook-Seiten und einigen Homepages. Geschäftsleute oder Vermieter von Veranstaltungsräumen wurden aggressiv angegangen, um eine Zusammenarbeit mit „Koblenz: Im Dialog“ zu verhindern. Als die Kulturfabrik in Koblenz einen Nachweis zu den Unterstellungen forderte, blieb dieser aus. Es kam zu Anschlägen mit Farbbeuteln auf das zweitälteste historische Gebäude der Stadt, das Restaurant „Deutscher Kaiser“ und Spraydosen-Attacken gegen Fahrzeuge der Besucher, die des Antisemitismus bezichtigt wurden.

Wie die „Transatlantifa“ mit einem der Überlebenden des Massakers 2014 in Odessa umging, schildert Frank Schumann sehr eindrucksvoll:

„Nach etwa einer Stunde stürmte eine Frau (Sprecherin des Stadtverbandes der Linken) herein, die offenkundig aus dem Kreis der Protestanten kam, denn sie trug unser Buch (das Buch des Odessa-Überlebenden) in der Hand. Sie knallte es mit dem apodiktischen Satz auf den Tisch: »Wir haben es gelesen. Das ist Scheiße!« – ausgerechnet vor die Nase des Juden mit dem israelischen Pass, einem der Mitautoren des Buches, in welchem es um den politisch konnotierten Massenmord an einem halben Hundert Odessaer Bürger im Jahr 2014 ging.“ (11)

Seit 2018 setzt sich Sabiene Jahn gegen diese Kampagnen juristisch zur Wehr und erwirkte richterliche Unterlassungsbeschlüsse gegen all jene, die namentlich ermittelt werden konnten. Da sämtliche Vorträge auf You Tube unter „Koblenz: Im Dialog“ zu finden sind, war es ein Leichtes, die Vorwürfe und Verleumdungen gegen Sabiene Jahn und ihre Referenten zu entkräften. Sebastian Beuth, Stadtratsmitglied der Grünen, erhielt am 11. November 2019 laut aktueller Entscheidung des Amtgerichts inzwischen die dritte Ordnungsmittelstrafe in Höhe von 1.000 Euro, ersatzweise 10 Tage Haft, da er richterliche Beschlüsse des Landgerichtes Koblenz missachtet hat. (12)

Es kostet eben Geld, wenn man einen Menschen oder eine Veranstaltung als „antisemitisch“ oder „verschwörungstheoretisch“ bezeichnet. Und das ist auch gut so.

Wenn nur Shoah-Überlebende Meinungsfreiheit in Deutschland sicherstellen können

„Wie man Ratz, FAZ, TAZ auch Juden zu ‚Antisemiten‘ machen kann“ — titelte Susann Witt-Stahl im Blog barth-engelbart in einem Artikel zum Auftritt von Moshe Zuckermann am 16.11.2019 in Hamburg-St. Pauli:

„Wenn der linke Historiker auf Vortragsreise durch die BRD ist, kann er stets einiges erleben: Anfeindungen, Bespitzelung und nach allen Regeln der Diffamierungskunst angestrengte Versuche, ihn mundtot zu machen. 2017 erklärte der CDU-Bürgermeister der Stadt Frankfurt am Main – wo Moshe Zuckermann aufgewachsen ist − den Sohn von Auschwitz-Überlebenden zur ‚nicht willkommenen’ Person. Auch bei deutschen Medienvertretern regen sich immer häufiger überwunden geglaubte Ressentiments: Wer damals als ‚jüdischer Bolschewist’ und ‚vaterlandsloser Geselle’ gehandelt wurde, ist heute ein ‚granteliger, alter Marxist, der sein Land nicht leiden kann’ − so wurde Zuckermann von Sebastian Weiermann, u.a. Autor bei Taz und ND, bepöbelt.“ (13)

Nichts Neues für den ausgewiesenen Marxisten. In der Wikipedia erfährt man, dass der Sohn polnisch-jüdischer Auschwitz-Überlebender in Israel geboren und in Tel Aviv aufgewachsen ist. Seine Eltern emigrierten 1960 nach Frankfurt am Main, wo er auch studierte. Mit 21 Jahren kehrte er von Frankfurt nach Israel zurück. Dort lehrte er am Institute for the History and Philosophy of Science and Ideas der Universität Tel Aviv. Von Februar 2000 bis 2005 leitete er das Institut für Deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv. 2006/2007 war er Gastprofessor am Institut für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) der Universität Luzern. (14)

Nach einigen Jahren als akademischer Leiter der Sigmund-Freud-Privatstiftung in Wien ist er seit Oktober 2017 eremitiert. Der linke Kritiker der israelischen Politik und Gesellschaft sowie Befürworter einer Zweistaatenlösung hat unter den Antideutschen wenig Freunde und wird entsprechend bekämpft. Susann Witt-Stahl bietet dafür eine Erklärung:

„Zur ‚deutschen Staatsräson‘ gehört längst nicht mehr nur die von Konrad Adenauer verordnete ‚Israel-Solidarität‘, sondern auch das Niederhalten der israelischen Opposition und deren Verbündeten.“ (15)

Dass Kritik nicht geduldet ist, bekam Zuckermann bereits 2017 in seiner Heimatstadt Frankfurt zu spüren. CDU-Bürgermeister Uwe Becker erklärte ihn zur unerwünschten Person, da jüdische und andere Israelkritiker in Frankfurt nicht willkommen seien. Für den 9. und 10. Juni war eine Konferenz mit dem Titel „50 Jahre israelische Besetzung. Unsere Verantwortung für eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes“ geplant. Es kam zu Hass-Mails und Diffamierungen, Gewaltandrohungen und der Forderung nach Raumverbot — der Bürgermeister sorgte für die Kündigung des Konferenzraumes. Es bedurfte einer einstweiligen Verfügung seitens des Frankfurter Amtsgerichts, den Weg für die Tagung freizumachen.

Wer nun annimmt, dass es sich bei den Veranstaltern, Referenten und Unterstützern der Konferenz um Antisemiten gehandelt habe, die den Attacken des CDU-Bürgermeisters der Stadt, Uwe Becker, von Jutta Ditfurth, „Antideutschen“ und anderen Neocon-Rechten ausgesetzt waren, der irrt und zwar gewaltig. Spätestens das Grußwort von Esther Bejarano und Rolf Becker macht deutlich, wie irrational sich die Gegner der Konferenz verhielten. Esther Bejarano ist nicht irgendwer: Die Musikerin, ehemaliges Mitglied im Mädchenorchester von Auschwitz, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik Deutschland e.V. und Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten ist eine der wenigen noch aktiven Überlebenden der Shoah. Sie kehrte vor fast 60 Jahren mit ihrer Familie aus Israel nach Deutschland zurück. In ihrer Solidaritätskundgebung schrieb sie u.a.:

„Zur Zeit der Verleumder‘ überschrieb Erich Fried vor einem halben Jahrhundert sein Gedicht — nicht ahnend, dass zu den Verleumdern heute die wissenden Ditfurths und ein offenbar unwissender Bürgermeister gehören könnten, die nicht in der Lage zu sein scheinen, zwischen der Kritik an der israelischen Regierung und der Verteidigung von menschlichen Rechten auf Leben zu unterscheiden, und sich darüber hinaus anmaßen, als Deutsche darüber zu entscheiden, wer als Jude zu akzeptieren ist.“ (16)

Wie weit ihre Solidarität geht, hat Weltnetz TV bereits 2017 in einem gemeinsamen Beitrag von Bejarano, Becker und Zuckermann dokumentiert, in dem u.a. auf die Antideutschen eingegangen wird. (17) Gemeinsame Auftritte mit Esther Bejarano machen es den Gegnern schwer, Veranstaltungen von Moshe Zuckermann zu terrorisieren oder zu behindern.

Die Solidarität zeigt ihre Wirkung. Noch — und die Betonung liegt auf noch — wagen sich Antideutsche nicht, die Shoa-Überlebende selbst zu diskreditieren. Auf den Punkt gebracht: Auschwitz-Überlebende dürfen in Deutschland frei sprechen, Nachgeborene von Ausschwitz-Überblebenden nicht mehr, da bestimmen dann zunehmend die „Sturmabteilungen“ deutscher Nichtjuden, wer ein „guter“ Jude ist.

Wer ein guter Jude ist … Auftrittsverbote und andere Absurditäten

Der Fall Mosche Zuckermann ist kein Einzelfall — er hat System. Und dieses System wird auch innerhalb linker Gruppen nicht überall für gut geheißen. Im Gegenteil. In München kritisiert beispielsweise die Gruppe Antifaschistischer Aufbau:

„Dabei werden ‚die Juden’ von den Antideutschen als volksgemeinschaftliche Einheit verstanden und Israel als ihr Staat. Folglich werden jüdische Linke mit ihrer Kritik am kapitalistischen Staat Israel als Verräter an der jüdischen Volksgemeinschaft gesehen. So erdreisten sich diese anakademisierten Deutschen, Menschen als ‚selbsthassende Juden‘ zu kategorisieren und israelische Journalisten als ‚Tintenstrolche‘ und ‚Presseköter‘ zu bezeichnen. Die Gleichmachung der Juden auf ein Volk, in dem Klassenwidersprüche ausgeblendet werden sollen, ist offenkundig anti-emanzipatorisch und konterrevolutionär. Denn ein Ende des Mordens in Israel und Palästina kann nur durch eine soziale Revolution erreicht werden, welche die gemeinsamen Interessen der israelischen und palästinensischen Arbeiterklasse als Ausgangspunkt hat.“ (18)


Mit diesen Aussagen stehen sie klar auf Seiten von Moshe Zuckerman und anderen engagierten Juden und Jüdinnen, die aufgrund ihrer Israelkritik von nichtjüdischen Deutschen verunglimpft beziehungsweise schikaniert werden. Dies macht deutlich, wie sehr die antifaschistische Bewegung heute unterwandert ist, wie durch gezielte Manipulation und planvollen Begriffsmissbrauch eine Konditionierung stattfindet, auf die letztlich auch „gemäßigte“ Politiker in dem Glauben hereinfallen, das vermeintlich „Richtige“ tun.

So erhielt Abraham Melzer 2017 in Frankfurt Auftrittsverbot, als er sein Buch „Die Antisemiten-Macher“ vorstellen wollte, das gerade im Frankfurter Westend-Verlag erschienen war. Gerichte sorgten dafür, dass der Vortrag stattfinden konnte. (19) Die jüdische Deutsch-Israelin Nirit Sommerfeld, ebenfalls Tochter von Shoa-Überlebenden, wird von der „Fachstelle für Demokratie — gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ kontrolliert. Man will sicherstellen, dass sie bei ihren Auftritten ja keine antisemitischen (israelkritischen) Inhalte zu äußern wagt. In der Jungen Welt liest man:

„Man setzte also Aufpasser in mein Konzert: Deutsche Beamte sollten prüfen, ob eine deutsch-israelische Jüdin antisemitische Züge hat. Ist das an Absurdität, an Hohn, an ehrverletzender Verleumdung zu übertreffen?“
(20)

Dass die „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ ihr Konto bei der GLS Bank verloren hat, ist nur eine der vielen Absurditäten. Die Organisation, die vor allem aus in Berlin lebenden Juden aus Israel und den USA besteht, hatte sich geweigert, sich einem von Deutschen durchgeführten Antisemitismus-TÜV zu unterziehen.(21) Eine Podiumsdiskussion mit dem bezeichnenden Titel „Meinungsfreiheit statt Zensur“, bei der u.a. Judith Bernstein für die jüdisch-palästinensische Dialoggruppe München auf der Bühne stand, konnte im Oktober 2019 nur dank einstweiliger Verfügung stattfinden. (22) Aber Judith Bernstein verfügt über fundierte Erfahrungen mit deutschen Gerichten. Bereits 2017 wehrte sie sich erfolgreich gegen die Kündigung des Veranstaltungsraumes für einen Vortrag über Jerusalem. Mitveranstalter des Vortrags waren damals das Münchner Friedensbündnis, Pax Christi, Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe, Palästina-Forum, Frauen in Schwarz (München), Salam Shalom/ Arbeitskreis Palästina-Israel, Landesarbeitsgemeinschaft Frieden und internationale Politik der LINKEN sowie das Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus. (23) Alles Organisationen, die in München offensichtlich allein aufgrund ihrer Israelkritik als Antisemiten gelten und denen man daher auch keine Bühne geben darf.

Wehrt Euch!

Wer zu unrecht angegriffen wird, muss sich wehren. Das machen die hier aufgeführten Fälle deutlich. Der juristische Weg — so mühsam und aufwendig er auch ist — hat dazu geführt, die Angreifer in ihre Schranken zu weisen. Die antideutsche Transatlantifa hat nur dann Macht, wenn man sie gewähren lässt.

Hasszerfressene und zu jeder Differenzierung unfähige Menschen und Organisationen, die für Sprüche wie „Bomber Harris do it again“ (24), „Die Bombe weiß, wo sie ist“ (25) oder „Nie wieder Deutschland!“ stehen und in Schulen, Universitäten und Jugendclubs Flugblätter mit Aussagen wie „Deutschland muss sterben, damit wir leben können!“ (26) verteilen, muss man mit allen politischen und juristischen Mitteln bekämpfen. Diesen menschenverachtenden Irrläufern darf man nicht das Feld überlassen.

Stellt sich die bittere Frage: „Was muss man eigentlich rauchen, was muss man eigentlich konsumiert haben, um sich mit derartigen Aussagen und Verhaltensweisen noch als Antifaschist zu bezeichnen? Letztlich ist antideutsches Verhalten genau die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die die antideutschen Organisationen bei ihrem vorgeblichen Kampf gegen den Antisemitismus selbst an den Tag legen.

No pasaran!

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Ignazio_Silone[↩]
2 Jens Mertens, Die LINKE — Von innen umzingelt, Hintergrund, 17.03.2010: https://www.hintergrund.de/politik/inland/die-linke-von-innen-umzingelt/; z.a. 02.12.2019[↩]
3 Ebd.[↩]
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Antideutsche[↩]
5 https://bgakasselblog.wordpress.com/wer-wir-sind/[↩]
6 https://de.wikimannia.org/Jens_Wernicke[↩]
7 https://www.rubikon.news/artikel/widerstand-wirkt[↩][↩]
8 https://bgakasselblog.wordpress.com/tag/jens-wernicke/[↩]
9 Offener Brief an die Koblenzer Stadtratsfraktionen vom 21.11.2019[↩]
10 https://www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=50662[↩]
11 http://www.ossietzky.net/8-2019&textfile=4741[↩]
12 offener Brief an die Koblenzer Stadtratsfraktionen vom 21.11.2019[↩]
13 http://www.barth-engelbart.de/?p=217861[↩]
14 https://de.wikipedia.org/wiki/Moshe_Zuckermann[↩]
15 http://www.barth-engelbart.de/?p=217861[↩]
16 https://www.kopi-online.de/wordpress/?p=3691[↩]
17 https://www.youtube.com/watch?v=CrGnJvadT7s[↩]
18 http://antifa-aufbau.org/2018/10/26/einige-meiner-besten-freund_innen-sind-antideutsche/[↩]
19 http://between-the-lines-ludwig-watzal.blogspot.com/2017/10/verwaltungsgericht-frankfurt.html[↩]
20 https://www.jungewelt.de/artikel/365277.%C3%BCberwacht-und-schikaniert.html[↩]
21 https://taz.de/BDS-und-Antisemitismus/!5601897/;[↩]
22 https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/diskussion-zu-meinungsfreiheit-statt-zensur-findet-doch-statt-16433289.html[↩]
23 http://bds-kampagne.de/2017/09/29/9832/[↩]
24 https://www.focus.de/politik/deutschland/bomber-harris-do-it-again-dieser-nackt-protest-gegen-pegida-schockt-dresden_id_4420184.html[↩]
25 https://www.merkur.de/politik/dresden-tweet-von-jutta-ditfurth-loest-empoerung-aus-zr-9895245.html[↩]
26 https://www.zeit.de/zeit-magazin/2017/12/antideutsche-israel-linke-deutschland/komplettansicht[↩]

 

Erschienen bei Frische Sicht

 

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