02.02.2021

Von Andrea Drescher

Mutiger Widerstand: Jürgen Lessner zeigt, was ein Einzelner erreichen kann

 

Es ist einfach nicht wahr, dass man als Einzelner „nichts tun“ kann. Abgesehen davon, dass viele Einzelne eine große Menge ergeben und damit sehr wohl eine Wirkung haben – wie man an den Demonstrationen in Wien im Januar sehen konnte – sind auch Einzelaktionen manchmal sehr wirkungsvoll und für andere betroffene Menschen nützlich. Das einzige, was es braucht ist Engagement und Mut. Es braucht Menschen mit Mut wie beispielsweise Jürgen Lessner aus Oberösterreich.

 

Jürgen Lessner kam 1965 in Steyr zur Welt und lebt dort heute noch in der Nähe. Beruflich war er deutlich mehr unterwegs – als IT-Techniker und Informatiker hat er jahrlang als Projektmanager in der IT große Projekte geleitet. Der verheiratete Vater dreier Kinder engagiert sich sehr für seine Familie. Das Wohl von Menschen und insbesondere Kindern liegt ihm sehr am Herzen. Das ist einer der Gründe, dass er als - wie er selbst sagt - ängstlicher Mensch 2020 sehr mutig wurde und aus politischen Gründen auf die Straße ging.

Du sagst von dir, dass du ein ängstlicher Mensch bist. Ist das richtig?
Ja, das stimmt – das ist seit meiner Kindheit so. Das sind Kindheitstraumata. Ich hatte ein turbulentes und leidvolles Leben, auf das ich gar nicht näher eingehen möchte. Da ist etwas zurückgeblieben, was immer wieder zu Phobien führt. Angst ist aber keine Schande, Feigheit schon. Ich bin ängstlich, aber nicht feige.

Du bist mutig – zumindest erlebe ich Dich so auf den Freitags-Demonstrationen in Linz.
Mutig sein heißt, nicht feige zu sein. Feigheit ist, nichts zu tun, obwohl man weiß, dass etwas getan werden muss. Ja, in dem Sinne bin ich mutig. Auch wenn es nicht immer leicht fällt.

Du warst von Anfang an bei den Demonstrationen am Hauptplatz in Linz mit dabei – warum?
Ich beobachte seit vielen Jahren, was auf der Welt passiert. Die Umverteilung von Fleißig nach Reich findet ja bereits seit Generationen statt. Das Unrecht hat sich aber immer mehr zugespitzt, die Corona-Situation im Frühjahr hat dem Fass dann den Boden ausgeschlagen. Vielen Menschen wird das durch die jetzige Krise erst bewusst; ich sehe es schon sehr lange, wie Menschen richtig abgezockt werden.

Menschen abzocken, also ausbeuten – was meinst du damit?
Bei meinen Eltern – also zu Zeiten, als wir in Österreich noch angeblich arm waren - musste nur mein Vater arbeitet. Meine Mutter war zuhause und konnte sich um die Kinder kümmern. Aber sie konnten es sich leisten, ein Haus zu bauen. Heute sind meistens beide Elternteile berufstätig, was nicht toll für die Kinder ist. Für den Hausbau braucht man ein Erbe oder eine reiche Tante in Amerika, die einen sponsert. Und beide Elternteile sollten schon gut verdienen im Beruf und auch möglichst viel Eigenleistung beim Bau einbringen, sonst kann man das als normaler Arbeitnehmer nicht mehr finanzieren. Dabei leben wir heute in einer angeblich „reichen“ Gesellschaft. Da stimmt etwas ganz und gar nicht, die Mittelschicht wird immer mehr zerstört.

Seit wann ist dir das bewusst?
Mit 35 ist es mir aufgefallen. Ich habe mich selbstständig gemacht und durfte erleben, wie schwer es einem gemacht wird, auf die Beine zu kommen. So viele Auflagen und Zahlungen, der ganze Formularkram belastet Einzelunternehmer doch enorm. Hinzu kommt das Krankheitsrisiko - darum habe ich meine Selbstständigkeit aufgeben und mir wieder einen Job gesucht.

Aber politisch aktiv wurdest du deshalb nie?
Nein. Erst mit der Pandemie haben sich bei mir die wenigen verbliebenen Haare gesträubt. Auch wenn ich nie auf die Idee gekommen wäre, die Krankheit zu leugnen: ich war sehr schnell überzeugt, dass die Maßnahmen in keiner Relation stehen, und habe das entsprechend kritisiert.

Hast du keine Angst vor der Krankheit?
Ach, es gibt viele Krankheiten auf der Welt. Ich verstehe ja, dass Menschen mit Vorerkrankungen Angst haben. Aber ich habe Gottvertrauen. Wenn man an Gott glaubt, denkt man, Gott weiß ja, was er tut. Also weiß er auch, was er mit mir vor hat. Warum soll ich mir Gedanken machen, ob ich krank werde oder nicht? Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich kann mit dem Auto fahren und einen tödlichen Unfall bauen oder auf Eis ausrutschen und mit dem Schädel blöd auf die Kante schlagen. Trotzdem kommt niemand auf die Idee, Auto fahren zu verbieten oder Spaziergänge auf Glatteis zu untersagen. Nur bei Corona ist man auf einmal um die Menschen weltweit besorgt.

Die Gleichen, denen Raucher und Alkoholiker völlig egal zu sein scheinen, denen die Menschen, die grade weltweit an Hunger verrecken, keine Träne wert ist, machen um diese Krankheit ein unfassbares Aufheben. Meine kleine Existenz ist mir nicht so wichtig – in Afrika, in Südamerika sterben Millionen. Würde man die Unsummen, die gerade für die Impfung draufgehen, in den armen Ländern investieren, könnte man viel mehr Menschen retten.

Du würdest freiwillig auf die Impfung verzichten?
Selbstverständlich. Und nachdem unsere Regierung ja so immens wichtig für Österreich ist und vor lauter Bescheidenheit nicht darauf besteht, geimpft zu werden, stelle ich die für mich vorgesehene Impfdosis gerne den Herren Kurz oder Anschober zur Verfügung. Schließlich bin ich ja nicht so wichtig wie unsere Politiker.

Leider bin ich überzeugt, dass es diesen Politikern nicht um die Menschen geht. Darum musste ich aktiv werden.

Du bist ja nicht nur Teilnehmer auf den Linzer Demos, sondern arbeitest auch in der Orga mit. Ist das richtig?
Als ich von einer Demo am Hauptplatz hörte, musste ich dabei sein und fuhr mit meinen Protestschildern hin. Das war überhaupt die erste Demo in meinem Leben, ich wusste nicht, was mich erwartet. Auf der Demo sah ich, dass großer Unterstützungsbedarf bestand. Ich dachte mir „Organisieren kann ich, Projekte auf die Beine stellen kann ich auch“ und fing an, die Dinge zu tun, die offensichtlich notwendig waren. Projektmanager besitzen die Fähigkeit, Menschen zusammenzuführen und ihre Projekte zum Ziel zu führen. Diese Fähigkeit war nützlich. Anfänglich haben wir erst einmal geschaut, was überhaupt österreichweit passiert, welche anderen Aktivisten es gibt und welche Informationen in schriftlicher Form verfügbar sind.

Das war anfänglich noch sehr wenig, wenn ich mich erinnere?
Ja. Es gab kaum etwas. Darum begann ich, Flugblätter zu schreiben, auszudrucken, zu schneiden und habe sie mit nach Linz genommen. Inzwischen kann ich mich darüber freuen, dass wir den 35. Flyer mit einer Auflage von rund 650.000 Stück verteilt haben – vermutlich sogar mehr.

Du verteilst die aber nicht alle selbst?

Nein, natürlich nicht. Es gibt hunderte Verteil-Helfer, die die Flyer unter die Leute bringen. Und das Feedback ist einhellig positiv. Auch bei den inzwischen ca. 5000 Emails, die ich aufgrund der Flyer erhalten habe, gab es nur einmal eine wirklich negative Reaktion. Das zeigt mir, die Österreicher wissen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu geht.

Dabei blieb es aber nicht – du unterstützt auch bei rechtlichen Themen, nicht wahr?
Ja. Informationen allein reichten nicht. Die Menschen brauchen mehr Unterstützung. Als mir das klar wurde, begann ich Gesetzestexte zu lesen. Dabei fiel mir als Erstes die Lücke bei der Tragepflicht des MNS auf. Im Text stand, dass ein Glaubhaftmachung reicht, wenn man nicht in der Lage ist, die Maske zu tragen, um davon ausgenommen zu werden. Also erfand ich den Tragebefreiungsschein. Auf der einen Seite stand der Gesetzestext , auf der anderen Seite die persönlichen Angaben, mit denen man sich selbst bestätige, dass man die Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht tragen kann. Rund 50.000 dieser Scheine wurden in Österreich verteilt, es kam bei den Menschen gut an.

Wurde das von den Firmen akzeptiert?

Nicht immer. Es gab Feedback, dass manche es den Menschen nicht glauben. Das veranlasste mich, große Konzern wie REWE, Hofer, Spar und viele andere mehr anzuschreiben und dort nachzufragen, ob sie sich an die Gesetze halten. Ich wies auf die Regelungen im Hinblick auf die Maskenpflicht sowie auf die Ausnahmen hin. Die Antworten waren eindeutig: Natürlich erkannten alle die gesetzliche Grundlage zur Maskenbefreiung an. Selbst mimikama.at hat bestätigt, dass ich mit meinen Aussagen Recht habe und dass die Maskenbefreiung auf dieser Basis gilt. Zumindest bis zur Gesetzesänderung Ende Oktober 2020 konnte man den Menschen so Ängste nehmen.

Das ist ja eines der Ziele der Veranstaltung am Freitag in Linz. Wir wollen den Menschen Hoffnung und Halt geben. Wir sind inzwischen auch gut mit Anwälten, Ärzten und Psychologen vernetzt – so kann man auch in Einzelfällen helfen.

Gab es weitere Aktionen?
Ja, als Nächstes ging es um Masken in Schulbussen. Viele kleine Schulbus-Unternehmer wurden vom Auftraggeber bedrängt – ja fast genötigt – , Kinder ohne Maske nicht mehr mitzunehmen bzw. nur noch Atteste zu akzeptieren, die von einem Amtsarzt oder Schulamtsarzt ausgestellt worden sind. Also wurden Kinder, die „nur“ ein Attest vom Facharzt vorweisen konnten, einfach auf der Straße stehen gelassen. Das ist doch ein unfassbar fahrlässiges Verhalten! Was ist, wenn den Kindern etwas passiert, während die Eltern davon ausgehen, dass sie sicher in die Schulen gebracht worden sind? Ich habe mir daraufhin die Kontaktdaten der Direktoren aller Volksschulen herausgesucht, sie schriftlich darüber informiert, was passiert, und sie aufgefordert, die Busunternehmen auf die rechtlichen Folgen hinzuweisen.

Wie war die Reaktion?
Einige haben geantwortet – oft mit einem großen Dankeschön von Seiten der Busunternehmen. Manche Busunternehmen haben mich direkt angeschrieben und sich bedankt. Vielen waren die rechtlichen Konsequenzen gar nicht bewusst. Das hat mich motiviert, sämtliche Kindergärten und Krabbelstuben in allen Bundesländern anzuschreiben. Was viele nämlich nicht wissen: bei der Beaufsichtigung von Minderjährigen ist man – laut Gesetzestext – maskenbefreit. Das gilt auch jetzt noch. Die meisten sind aber so eingeschüchtert, dass sie sich nicht trauen, ohne Maske irgendwohin zu gehen. Dabei ist es für Kinder wirklich traumatisierend. Bei Traumatisierung weiß ich, wovon ich rede. Das verfolgt einen lange über die Kindheit hinaus. Kinder kennen sich nicht mehr aus, wenn die Eltern mit Maske herumlaufen. Viele Eltern sind sich nicht bewusst, welchen psychischen Schaden sie ihrem Kind antun. Informationen der Eltern bzw. Betreuer ist daher unverzichtbar. Darum versuche ich auch, über verschiedene Webseiten, die Menschen zu erreichen.

Welche Webseiten sind denn das?
Die Seite www.neuewahrheit.com betreibe ich von Anfang an. Die zweite Seite www.neuewahrheit.at ist eine Presseplattform, außerdem versuche ich, den Veranstaltungskalender von der Bewegung 2020 aktuell zu halten. Das neueste Projekt ist die Plattform www.ichdenkeselbst.at, auf der sich Vereine anmelden können. Alle Mitglieder der Vereine sind automatisch Mitglieder der Plattform und können diese nutzen. Dabei geht es um die Präsentation ehrenamtlicher Erzeugnisse, zukünftig auch ehrenamtlicher Tätigkeiten und die Möglichkeit, diese in Anspruch zu nehmen.

Hast du auch einen Verein gegründet?

Selbstverständlich. Das ist doch die Grundlage, dass rechtlich alles in Ordnung ist, sonst hätte ich die Flyer nicht durch Spenden finanzieren können.

Was erwartest du dir von dieser Plattform?
Falls – wie von uns allen befürchtet - die große Pleitewelle kommt und Geschäfte und Dienstleister zusperren, verfügen die Menschen über ein Netzwerk, über das sie sich mit dem Nötigsten versorgen können. Auch ist über die Plattform sichergestellt, dass sich Menschen auch ohne Maske, Test oder Impfung mit notwendigen Gütern eindecken können.

Uns geht es dabei um regional Erzeugtes in guter Qualität, also nachhaltige Güter mit niedrigem CO2-Fussabdruck. In Linz könnten diese sogar mit Fahrradservice geliefert werden.

Bist du immer noch in der Demo-Orga aktiv?

Im Moment nicht, ich sitze hauptsächlich am Computer und bringe die Plattform zum Laufen. Das Orga-Kernteam ist klein, aber top und es läuft auch ohne mich wie am Schnürchen. Acht Monate Aktion auf der Straße haben mich sehr ausgelaugt, und ich muss mich auch um meine Familie kümmern. Das ist gerade ebenfalls ziemlich stressig.

Warum?
Meine Frau wurde fristlos entlassen, weil sie keine Maske tragen kann. Wir klagen natürlich gegen diese ungerechtfertigte Entlassung und sind bei Rechtsanwalt Mag. Beneder in den besten Händen. Nach der ersten Anhörung vor Gericht wird man weitersehen. Bei einer fristlosen Entlassung bekommt man im ersten Monat kein Arbeitslosengeld und man hat keinen Anspruch auf "AbfertigungNEU". Auch wird sie weder vom praktischen Arzt noch vom Facharzt in der Arzt-Praxis behandelt, da sie ja keine Maske tragen kann. Eine fällige Krebs-Vorsorge-Untersuchung im Krankenhaus wurde vom zuständigen Primar abgelehnt, der Termin mit ihrem Psychotherapeuten findet ausschließlich telefonisch statt. Es ist alles sehr belastend.

Aber als Teilnehmer sieht man dich doch wieder?
Ja, aber seltener. Natürlich fahre ich zu den Großdemonstrationen nach Wien und freue mich auch schon auf den 5.2.2021 - die erste österreichische Faschingsdemo in Linz – von 17. bis 20. Uhr am Hauptplatz. Verkleidung ist willkommen, Maskierung nicht – ein ganz besonderer Fasching eben. Die interessanten Redner und die tolle Musik werde ich mir sicher nicht entgehen lassen.

Wir sehen uns am 5.2. - ich freu‘ mich auch schon darauf!

 

Erschienen bei Wochenblick

 

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